Südseemärchen - von Paul Hambruch
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Paul Hambruch (* 22. Januar 1882 in Hamburg; † 25. Juni 1933 ebenda) war ein Hamburger Ethnologe.
Hambruch wuchs in Hamburg auf und besuchte das Johanneum, er studierte Chemie und Mathematik in Göttingen und Anthropologie, Ethnologie und Geografie in Berlin bei Ferdinand von Richthofen und Felix von Luschan 1907 promovierte er in Berlin über die 1904 vom Museum für Völkerkunde Hamburg angekaufte Sammlung Franz Emil Hellwig.
Er war in den folgenden Jahren im Auftrag der Jaluit-Gesellschaft in Nauru tätig, um bei der Bekämpfung einer Kokospalmenkrankheit zu helfen.
Hambruch nahm in den Jahren 1909 bis 1910 im zweiten Expeditionsjahr an der Großen Hamburger Südsee-Expedition teil, die von Georg Thilenius organisiert war.
Dabei waren ihm die ethnografischen Untersuchungen Mikronesiens übertragen, insbesondere Nauru und Pohnpei.
Für die Forschung über Pohnpeis Ruinenstadt Nan Madol werden Hambruchs Arbeiten nach wie vor als Grundlage gesehen.
Anschließend wurde er Mitarbeiter des Museums für Völkerkunde Hamburg und Leiter von dessen Südseeabteilung.
Paul Hambruch habilitierte sich 1919/1920, seit 1922 wirkte er als außerordentlicher Professor für Völkerkunde an der Universität Hamburg.
Seine Zusammenstellungen von Märchen der Südsee machten ihn einem breiteren Publikum bekannt.

Bild: Südseemärchen
Aus der Einleitung:
...
Etwas haben die Volksmärchen der Südsee den unsern voraus: das Zeitgewand.
Es ist immer dasselbe gewesen; die Märchengestalten erscheinen als dieselben Menschen, unverändert, in Form, Gestalt, Gebaren, Gewohnheiten, Bekleidung usw., so wie sie der Eingeborene täglich unter seinesgleichen begegnet.
Damit wird dem Märchen eine Hauptstütze erhalten; Busch, Wasser und Luft sind voll von Geistern, Dämonen, männlichen und weiblichen, guten und bösen.
Zu diesen bodenständigen Wesen tritt noch das Heer der Seelen verstorbener Angehöriger.
Sie können wie die Geister jegliche Form annehmen, als Mensch, als Tier, als Pflanze, als Stein, als Naturereignis ihre Wirkung auf den Eingeborenen ausüben, der von ihnen in furchtsamer Abhängigkeit gehalten wird.
Die Dunkelheit, die Zeit zwischen Sonnenunterund -aufgang, ist die Zeit ihrer Wirksamkeit, und kein Eingeborener traut sich daher so leicht allein während dieser Stunden selbst in die ihm bekannte nächste Umgebung hinaus.
Vertraut aber wie der Eingeborene mit der Natur ist, widmet er ihr nun noch mehr Aufmerksamkeit, beobachtet ihre Erscheinungen und sucht sie mit den Beobachtungen an sich selber in Einklang zu bringen, sie vor allem aus seiner eigenen Person heraus zu erklären.
Wunderliche Dinge kann man da bisweilen erleben, und nur zu häufig muß man es leider bedauern, daß der kritisch nüchterne Verstand nicht den vielfach schöneren Wegen im Gedanken- und Vorstellungslabyrinth des Eingeborenen zu folgen vermag.
Da wünscht man sich mehr Herzenseinfalt und ließe sich den Blick gern durch ein wenig Urteilsmangel trüben.
Hatte mir ein Eingeborener treuherzig und geheimnisvoll »seine« Geschichte erzählt, dann klang es einem um so härter in die Ohren, wenn der Dolmetscher oder ein anderer »Aufgeklärter« nüchtern hinzusetzte: »Herr, du mußt nun nicht etwa denken, daß auch ich all den Unsinn glaube.«
Denn das halte man fest, der Eingeborene glaubt größtenteils an seine Geschichten, ihm sind sie wahr und wirklich; die Wirkung ist darob in ihrer Einfalt um so rührender.
Zurückliegende Ereignisse, die tatsächlich einmal eintraten, erhalten ebenfalls für uns häufig das Gesicht und Gewand des Märchens (s. Nr. 34), aber für den Eingeborenen durchaus nicht.
In den Strom der Ereignisse und Naturerscheinungen, der ihr Märchen trägt, fließt noch eine andere, unerschöpfliche Quelle ein: die Traum - und Seelenvorstellungen.
Das Groteske, die Romantik, das Zauber-Wundervolle ruht in ihnen.
Die Traumseele, die (Spiegelbild)seele (Nr. 46) sind für den Eingeborenen wiederum so wahr und wirklich, wie er selbst, sein eigener Körper; unabhängig von seinen eigenen Handlungen führt sie ihr eigenes Dasein (Nr. 72).
Sind nun ihre Handlungen selbständig, so unterliegen sie doch denselben Gesetzen wie die Eingeborenen selber; wie man an ihre Wirklichkeit glaubt, so glaubt man auch an die Wirklichkeit ihrer Handlungen und Erlebnisse.
Traum und Wirklichkeit sind eben dem Eingeborenen eins.
Das geht aus dem Inhalt dieses Büchleins zur Genüge hervor; für die Bedeutung des Traums und seinen Einfluß auf das Märchen überhaupt lese man die Ausführungen nach, die von der Leyen in seinem Buche »Das Märchen« gibt.
Diese Auffassung des Eingeborenen von seinen Erzählungen ist begründet durch seine einfache Anschauungs- und egozentrische Denkweise und erklärt sich auch daraus, daß sie in der Gegenwart spielen.
Wir können unsere Märchen nur selten in die Gegenwart hineinstellen; täten wir es, sie würden an ihrer Schönheit Einbuße erleiden, unnatürlich erscheinen; in die Vergangenheit aber verlegt, gewinnen sie wieder körperliche, greifbare Formen.
Wir haben nur wenige Märchen, die in der jüngsten Zeit entstanden, wie z.B. die »Hamburgischen Märchen« von Spiero, die in ihrer Schilderung und Erzählkunst die Wirklichkeit vergessen lassen und nachhaltigen Eindruck auf die ausüben, für welche sie bestimmt sind, die Kinder, deren Auffassungsart und Denkweise denen der Eingeborenen so um viel, viel mehr näher stehen als unsere.
Die Märchenwelt, welche uns stets die andere ist, ist dem Eingeborenen die Umwelt, die selbst erlebte Welt, die Gegenwart.
Gewiß haben seine Märchen ihren Schauplatz auch in der Vergangenheit, doch die Umwelt bleibt in dem einen und im andern Fall dieselbe, unverändert; seine Märchengestalten können ihm täglich begegnen, ihre Erlebnisse seine Erlebnisse werden.
Inhaltsverzeichnis:
- Widmung
- Einleitung
Australien
- 1. Der Kranich und die Krähe
- 2. Der Emu Dinewan und die Krähen Wahn
- 3. Die Fliegen Bunnyyarl und die Bienen Wurrunnunnah
- 4. Die Blutblume
- 5. Balu und die Dens
- 6. Die Entstehung der Sonne
- 7. Die sieben Schwestern Meamei
- 8. Woher der Frost kommt
- 9. Byamee's Versammlung
- 10. Wie die Blumen wieder in die Welt kamen
- 11. Der Ibis und der Mond
Melanesien
- 12. Warum der Kasuar keine Flügel hat
- 13. Der Tanz der Vögel
- 14. Die Sonne
- 15. Warum wir sterben
- 16. Drei Geschichten von den Brüdern To Kabinana und To Karwuwu
- 17. Das Huhn und der Kasuar oder der Ursprung des Muschelgeldes
- 18. Die Ratte und der Schmetterling
- 19. Kukuku und Waima
- 20. Die Geburt der Sonne
- 21. Die Entstehung des Feuers
- 22. Das lahme und das schlafende Bein
- 23. Der Feigenbaum
- 24. Der Ursprung der Weißen
- 25. Der Fischer und der Geist
- 26. Die Heldenzwillinge
- 27. Vom Manne, der ausging, sich eine Frau zu suchen
- 28. Die Entdeckung der Spiegelung im Wasser
- 29. Die Schlange
- 30. Das Sonnenkind
- 31. Wie die Fidji-Leute den Bootbau erlernten
- 32. Die Geschichte von Longa-Poa
- 33. Matanduas Abenteuer
- 34. Napoleon ist ein Tonga-Mann
Mikronesien
- 35. Das Ei der weißen Seeschwalbe
- 36. Der arme und der reiche Hahn
- 37. Der Vogel Peaged arsai
- 38. Die Mandelsammlerin
- 39. Klubud singal
- 40. Das Bündel von Ngeraod
- 41. Die Herkunft des Geldes
- 42. Der Chaifi
- 43. Die Geschichte von Jat und Jol
- 44. Das Wettschwimmen zwischen dem Hornhecht und der Krabbe
- 45. Der Kampf der Vögel und Fische
- 46. Die angeführte Menschenfresserin
- 47. Taile
- 48. Tolojäla und seine Tochter
- 49. Wie Schau Etietsch sich seine Frau wiederholte
- 50. Wie das Flugschiff nach Ponape kam
- 51. Die Geschichte von der Rohrdrossel
- 52. Die Geschichte von den Tieren, die sich ein Boot bauten
- 53. Erauarauin und das Ungeheuer
- 54. Das Mädchen im Monde
Polynesien
- 55. Die Seegurke
- 56. Die Strafe für den Diebstahl
- 57. Du sollst deine Schwiegermutter ehren
- 58. Die Ratte und der Fliegende Hund
- 59. Der Drachenfisch
- 60. Die Krokodilshöhle
- 61. Die Liebe der Schlange
- 62. Der angeführte Menschenfresser
- 63. Die Reise in die Unterwelt zur Strudelhöhle Fafá
- 64. Sina
- 65. Der Rattenfänger Pikoi
- 66. Iwa der Meisterdieb von Oahu
- 67. Der Häuptling mit den wunderbaren Dienern
- 68. Das Lebenswasser des Ka-ne
- 69. Das Wasser des Kane
- 70. Maui
- 71. Tawhaki
- 72. Das verzauberte Holzbild
- 73. Hine-moa und Tutanekai
- Quellennachweise und Anmerkungen
- Verzeichnis und Erklärung der Abbildungen
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Wikipedia- und weitere Links zum Thema "Südseemärchen" und Paul Hambruch
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https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Hambruch https://de.wikipedia.org/wiki/Literatur_Ozeaniens